Sonntag, 9. Januar 2011

Sind Workaholics nur zu doof für Hobbies ?

Keine Zeit für meinen Blogg gestern, da wir ausgiebig mit Freunden mexikanisch gekocht haben und das hat wahnsinnig großen Spaß gemacht. Miteinander kochen, trinken, essen, erzählen - perfekt !

Außerdem habe ich für mich ganz bewußt das Laufen entdeckt - nicht das Laufen das früher Joggen hieß, sondern das etwas zügigere Spazierengehen - für mich ist das Laufen. War klasse gestern an der Isar lang, ohne Musik oder ähnliches, nur gelaufen und geschaut und mich des Lebens gefreut. Hat was an einem Samstag morgen gegen 12:00 einfach so durch die Gegend zu laufen. Was für ein Gefühl der Freiheit. Ganz wenige waren nur unterwegs und die paar die unterwegs waren sahen verdächtig danach aus als hätte ihr Laufen eine Absicht, das Joggen-Laufen für die Fitness bei den einen, das Hund Gassi führen bei den anderen, aber ich bin eher so ein bißchen brotlos und ziellos durch die Gegend gelaufen und habe das sehr genossen. Allein mit mir und meinen Gedanken, die übrigens immer im Takt zu sein scheinen. Das Lauf- und Denktempo kann ich so ideal aufeinander abstimmen.

Das hat mir soviel Spaß gemacht, dass ich heute gleich noch einmal losgelaufen bin. Ganz ähnliche Strecke, bisserl weiter, diesmal aber mit Podcast auf dem Ohr. Mir gefällt das so irre gut. Weil wenn ich jogg-laufe, dann gerät der Rhythmus meiner Gedanken und Schritte dauernd durcheinander und daher macht mir das nicht so viel Spaß, aber so - perfekt. Habe neben dem Radeln, bei dem ich nämlich auch in der Lage bin diesen Rhythmus zu finden, die ideale zweite sportliche Betätigung gefunden :)

Was mir heute durch den Kopf ging, hatte viel mit Linux und Wikipedia zu tun. Diesem Phänomen das Menschen ohne etwas dafür zu bekommen - noch nicht einmal Ruhm, Ehre oder auch Geld, Zeit aufbringen um sich solchen gemeinschaftlichen Projekten zu widmen. Zeit opfern für Wiki-Artikel oder in Linux kostenlose Programme von Bugs zu befreien, ohne das sie so wirklich was davon haben, außer das es ihnen Spaß macht.

Der Gedanke fasziniert mich ungemein. Mir begegnet sonst so häufig zumindest der Hintergedanke, alles muß zu etwas gut sein also entweder monetär oder ansehenstechnisch nützlich. Viele Dinge die mir Spaß machen und wo meine Talente liegen, da seh ich oft nicht unbedingt wie ich die monetär oder auch nur popularitätstechnisch umsetzen kann. Deswegen machen sie mir aber trotzdem Spaß und eigentlich sollte das doch genug sein oder ?

Ich habe heute viel drüber nachgedacht woher mein Gefühl kommt nicht genug Zeit zu haben. Wenn ich überlege so habe ich den Wunsch - und das scheint ja auch medizinisch vernünftig zu sein - 7 bis 8 Stunden täglich zu schlafen. Komme grundsätzlich wohl auch mit weniger aus, glaube aber das es mir nicht gut tut und mag künftig auch nicht am Schlaf "Zeit sparen".

Also von den 24h des Tages sind dann schon mal 8 weg für den Schlaf. Bleiben noch 16. Mit An- und Abreise + Arbeit sind dann weitere etwa 12 Std täglich weg. Bleiben mickerige 4 Std am Tag für alles andere. Essen, Trinken, Partnerschaft, Lesen, Freundschaften pflegen, Filme gucken, Sport, TEDs gucken, Lernen etc - Das ist doch erschreckend wenig ! Kein Wunder das ich ständig das Gefühl habe nicht genug Zeit zu haben - denn das ist ja auch so ! Was sind denn 4 popelige Stunden am Tag ????

Ja, ja bös provokative Überschrift. Die Workaholics die das Glück haben ihr Hobby zum Beruf zu machen, bei denen kann ich den Arbeitswahn ja noch verstehen. Wahrscheinlich hat kein Mensch Herrn Ballack bitten müssen, doch jetzt bitte mal wieder Fußball zu spielen, oder Van Gogh zu malen oder Jamie Oliver in die Küche zu gehen. Das geht ja oft Hand in Hand. Früh erkennen was einem Spaß machen und wenn das dann etwas ist, wozu die Menschheit schon eine klein-feine Schublade gebastelt hatte, dann hurra - wer den ganzen Tag Fußball spielt wird Fußballer, wer den ganzen Tag kocht wird Koch und wer immerzu malt, ja der wird halt armer Künstler ;)

Viel schwieriger ist es natürlich wenn man Interessen an Sachen hat, für die es noch keine vorgefertigte Box gibt. Dann ist der Weg auch nicht klar, dann muß man zumindest hier in Deutschland spätestens mit 16 oder wenn man Glück hat und Abitur machen konnte mit 18 oder wer noch mehr Glück hat und studieren darf ein bisserl später - überlegen was man arbeiten will.

Und in der Schiene sitzt man dann. Klar kann man auch mal die Spur wechseln, einfach ist das allerdings nicht und da gäbe es noch eine Menge zu tun, um diese dumme Prädestiniertheit aufzuweichen, aber das ist jetzt gar nicht mein Thema hier.

Mein Thema ist also

a) sich für Sachen zu interessieren die nicht praktisch in eine bestimmt vorgelabelte Box fallen wie "Fußball, Malen, Kochen, Fotografieren)"die es etwas leichter machen ggf das Hobby zum Beruf zu machen

b) das "Schicksal" derer die ihre Interessen (noch?) nicht zum Beruf machen konnten und die daher ständig im Dilemma leben zwischen dem was sie tun müssen und dem was sie eigentlich gerne machen wollten

c) der für die meisten Menschen bestehenden Notwendigkeit Geld zu verdienen und der sich daraus ergebenden Folge das die Menschen oft nicht die Möglichkeit haben sich mit Sachen zu beschäftigen die kein Geld bringen

Dieser Blogg heute ist eine Aufforderung - an mich ? - authentisch zu sein und egal wie pathetisch das jetzt klingt seinem Herzen nachzugehen. Seine Interessen zu verfolgen, unabhängig davon ob es jemals zu monetärem oder populärem Erfolg führt. Ich muß mich davon auf jeden Fall freimachen, von der irgendwie immer implizit unterschwellig mitklingenden Frage - ok und was genau willst du damit machen ? Wie willst du davon leben ? Wer ist deine Zielgruppe ? Wer kauft sowas ?

Mir wurscht. Ich habe schon gemerkt, das die Amerikaner (mei mit denen hab ich es im Moment ;) ) sehr viel besser darin sind Ideen auch zu Geld zu machen. Da können wir sicherlich auch eine Menge von lernen. Aber im ersten Schritt ist es doch erst einmal wichtig überhaupt Interessen zu haben und zu entwickeln.

Glücklich ist daher jeder der aus welchen Gründen auch immer die Freiheit hat über den materiellen Dingen zu stehen. Entweder weil er reich ist, oder weil er nur sehr kleine Bedürfnisse hat oder weil er in der Lotterie gewinnt :)

Die Opferung von Interessen auf dem Altar der Praktikabilität, Ökonomie und Popularität ist so verdammt schade. Und ich hoffe es wird immer mehr Menschen geben, die ihren Interessen egal ob diese Interessen einen praktischen Sinn haben, egal ob sie Geld bringen oder nicht und egal wieviel Ansehen man dadurch gewinnt. Einfach nur weil es Spaß macht. Und wenn es einem gelingt zB zu sagen, bis ich in der Lage bin meine Interessen zum Beruf zu machen, lasse ich mir von der Gesellschaft nicht einreden, ich muß unbedingt im Karriere-Karussell mitspielen, auch wenn es bedeutet das ich am Tag 10 oder mehr Stunden in einem Job arbeite, der mich ggf nur zum Teil interessiert. Wer sich traut zu sagen, NEIN ich werde nicht mehr in meinem Alltags-Job machen, weil ich brauche mal mindestens meine 20% Zeit in der ich einfach nur das mache, worauf ich Lust habe unabhängig davon was daraus wird.

Das würde ich mir für mich wünschen diese Stärke. Auf Karrieresprünge und Geld zu verzichten für die Freiheit sich mit dem zu beschäftigen was einen wirklich interessiert. Selbst wenn das wofür man sich da interessiert nie zu Geld oder Prestige führt. Oder gerade dann ?

Happiness-Regel #2:

Häufig mit Freunden kochen, essen, trinken und reden !

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